Frank Farrelly ist am Sonntag, den 10. Februar 2013, gestorben. Frank Farrelly begründete die Provokative Therapie; eine Therapieform, die der Arbeit Milton Ericksons und der Schulen nahe steht, welche gern mit Paradoxien arbeiten. Typisch für die Methodik Farrellys ist, dass er Humor, Provokation, Empathie und Wohlwollen verbindet.
Für mich einer der ganz großen und ganz stillen. So allmählich werden es echt weniger. Frank Farrelly ist der Begründer der Provokativen Therapie, hier gehen Humor und Provokation mit Empathie und Wohlwollen Hand in Hand.
Mehr dazu auch im Nachruf bei Dr. Noni Höfner oder auf Wikipedia.
Ich habe Frank und seine Methoden kennen und lieben gelernt. Seit cirka 12 Jahren begleitet mich Frank, seine Arbeit und auch der Mensch. Immer wenn ich ihm begegnete, änderte sich so vieles in meinem Leben. Für mich war er immer ein Weihnachtsmann aus den Südstaaten der mit soviel Empathie den Menschen auf den Zahn fühlte. Niemand konnte derart Nähe herstellen und dabei doch soviel “zweideutige” oder auch eindeutige Bemerkungen an den Klienten richten, ohne sich eine Ohrfeige zu fangen. Seine Art “Langeweile” zu zeigen und somit doch noch was heraus zu kitzeln. Frank war ein Menschenfreund , weil er wusste , dass er eine Methode an der Hand hatte, die einfach anders und erfolgreich war.
Vergessen Sie einfach alles was Sie je über Coaching gehört haben und machen Sie es einfach anderes. Nein , machen Sie es total anders und halten Sie sich an keine Regel.Vergessen Sie Konzepte, Strategien – gehen Sie Paradox vor.
Was ist der Unterschied zwischen einen Coach und dem lieben Gott? Der liebe Gott weiß, dass er kein Coach ist…….Das war ein Spruch der viel über ihn aussagt.
Für mich ist ein Mensch gestorben, der etwas ganz besonders hinterlassen hat. Eine Methode, ein Tool, dass es immer geben wird. Seine Art zu Arbeiten und live erleben zu dürfen, ist nur schwer als Verlust zu bezeichnen. Er würde es nicht so sehen, weil er auch jetzt Spaß haben wird und einiges mehr noch.
Ein toller Mensch wird fehlen. Eine Art von Mentor und ein Mensch der mein Leben geprägt hat, maßgeblich.Und so mancher Klient von mir wird hier lesen können wie viel er mir bedeutet hat und warum ich in vielen Dingen so bin , wie ich bin.
Frank, ich DANKE dir für ALLES und ich weiß, dass du Glücklich sein wirst. Du darfst wieder tanzen mit deiner Geliebten June.
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„If you want to strengthen something, oppose it“, ist der bekannteste Lehrsatz von ihm. Ich traf ihn unter anderem 2006 bei einem Intensivworkshop, der von Dr.Noni Höfner geleitet wurde, Leiterin des Deutschen Institutes für Provokative Therapie in München. Wir führten ein Interview für das Coaching Magazin “Coaching Area, welches ich hier in Auszügen gerne noch mal vorlegen möchte.
Was war der eigentliche Auslöser dafür, dass Sie Psychiater wurden?
F.F. (lacht): Als ich 14 Jahre alt und auf dem Gymnasium war, da habe ich gehört, dass die Menschen nur zehn Prozent ihrer Fähigkeiten, Talente, Intelligenz und Energien nutzen. Zehn Prozent. Oh Gott, dachte ich, wenn das stimmt, dann nutze ich ja 90 Prozent nicht. Diese 90 Prozent wollte ich mir genauer ansehen. Da war ich 14 Jahre alt und beschloss, Psychologe zu werden. Ich habe aber auch darüber nachgedacht, katholischer Priester zu werden. Mein Onkel ist Bischof und viele andere waren in meiner Familie auch Priester. Also probierte ich es aus: Ich war viereinhalb Jahre im Kloster – dann schmissen sie mich raus. Aber das ist eine andere Geschichte (lacht). Ich dachte, es sei eine gute Idee, Priester und Psychologe zu sein. Dann könnte ich die Leute beraten und ihnen die Beichte abnehmen. Aber das mache ich ja jetzt auch.
Können Sie sich an Ihren ersten Fall erinnern, wo Sie provokativ gearbeitet haben?
F.F.: Ja, ich beschrieb das bereits in meinem ersten Buch.
Ich meine, wo Sie später erst festgestellt haben, dass irgendwas anders ist.
F.F.: Schon gleich, wo ich es zum ersten Mal getan habe, wusste ich, dass ich etwas gefunden hatte. Da gab es viele Verhaltensindikatoren beim Patienten, die einfach anders waren. Und ich habe mich so richtig frei gefühlt als ob eine große Last von meinen Schultern abgefallen wäre: All diese therapeutischen Ideen, diese festgefahrenen Konstrukte. Nach dem Motto: Was du nicht sagen kannst, was du nicht sagen sollst, was du nicht sagen darfst, was du nicht denken sollst.
Sie erzählen immer wieder von Carl Rogers. Können Sie mir spontan zwei Dinge nennen, an die Sie sich ganz besonders erinnern?
F.F.: Ja, er sagte, dass die Leute, die zu mir kommen, nicht wirklich Zeit haben, sich so einzurichten, wie sie das gerne hätten. Ich würde ihre Muster ziemlich schnell durchdringen; und-zwar durch meine Art, die bewirkt, dass sie ihre Reaktionen nur so herauspusten.
Er sagte, ich sorge dafür, dass sie im Gleichgewicht bleiben. Und noch eines, ich habe ihm mal einen 13-seitigen Brief geschrieben, nachdem ich erstmals seine Therapie entdeckt hatte. Ich schrieb ihm, das sei eine wirkliche Therapie: die Fokussierung auf gebrochene Satzstrukturen und dieser Versuch, den Klienten wirklich zu verstehen. Ich berichtete ihm von einigen Erfolgen meiner klientenzentrierte Therapie und sagte, ich habe das Gefühl, dass ich knietief in Diamanten wate. Am Telefon hat er dann gelacht: `Frank, das klingt wie so ein richtiger irischer Eintopf mit einer Menge anderer Sachen drin.´
Einmal bin ich zu spät zu einer Versammlung von Carl gekommen. Thema war, ob ein bestimmtes Projekt wiederholt werden sollte. Der einzige freie Stuhl stand neben ihm.
Typisch Carl: Zuerst wollte er von jedem eine Meinung hören und als niemand mehr etwas zu sagen hatte, redete er: ‚Ich möchte etwas hinzufügen. Das könnte vielleicht hilfreich sein oder aber auch nicht. Oder es könnte sein, dass es einiges ergänzt oder aber auch nicht.
Einige von euch denken vielleicht, dass sie dem zustimmen oder aber auch nicht.´ In dem Moment sagte ich zu ihm: ‚Carl, wenn es so beschissen ist, warum erwähnst Du es dann überhaupt? Da war Totenstille. Er schlug mir kräftig auf die Oberschenkel und lachte lauthals, weil ich ihn hochgenommen hatte, so wie er es sonst tat. Ich habe ihn bewundert, er war ein wunderbarer Therapeut und Mann.
Was würden Sie den Kritikern der provokativen Methode sagen?
F.F.: Kritiker gibt es immer. Ja, was würde ich denen sagen? Soweit ichdenken kann und soweit die Geschichte reicht, sind Menschen, die gemessen an ihrer Zeit radikale Vorstellungen hatten, so wie Jesus zum Beispiel, immer eine willkommene Zielscheibe für Ressentiments und dergleichen. (Kurzes Schweigen) Die Kritiker haben nie etwas moniert, was ich nicht schon gedacht oder gesagt habe. Also zum Beispiel: So kann man doch nicht mit dem Patienten reden, die haben doch schon genug durchgemacht.
Oder: Wer zum Teufel bist du Mister Farrelly, dass du meinst, so etwas machen zu dürfen?
Ich sage noch mal: Kritiker hast du immer um dich herum.
Ist die Provokative Therapie auch für das Coaching geeignet?
F.F.: Sie wird seit Jahren im Coaching angewendet. Manche unterscheiden zwischen dem therapeutischen Kontext (Phobien, Angstzuständen etc.) und dem Coaching-Kontext. Coachs kombinieren meine Therapieform mit Methoden aus dem NLP und der Hypnose von Erickson. Es zeigen sich schnell Resultate. Es ist eine humorvolle Arbeit für Klient und Coach.
Wie wichtig ist Intuition für deine Arbeit? Intution hat ja inzwischen eine große Bedeutung im Coaching erlangt.
F.F.: Ich kann nur über das sprechen, was andere in mir sehen. Seit 1956 gibt es immer wieder viele Leute, die meinen ich sei sensibel und intuitiv. Ich versuche es mal anders zu erklären: Intuition ist ein Abfalleimerbegriff. Immer, wenn irgendwas nicht zu hundert Prozent festlegbar ist, oder die Bedingungen einer Beratung nicht mehr zu schärfen sind, sagen wir, das sei Intuition im Spiel gewesen. Ich habe mal einen Film angeschaut in dem Lochkarten durch einen Computer geschickt wurden. 100.000 rasten hindurch und heraus kam eine einzige Karte.
Genauso funktioniert in meinen Augen Intuition, so setze ich sie bei meinen Sitzungen ein. Meine Intuition ist Blitzgeschwindigkeit potenziert mit Urteilsvermögen. Sie basiert auf drei Punkte: erstens Erfahrung aus den tausenden Gesprächen, zweitens Wiederholungen ständiger Wiederholungen und drittens … habe ich vergessen. Das ist dann wohl auch Intuition (lacht).
Viele Menschen finden Sie humorvoll. Wie wichtig ist Ihnen Ihr eigener Humor? In Deutschland neigen wir ja gern zu Übertreibungen: Ich nehme alles mit Humor -egal was kommt.
F.F.: Mein Sohn hat mir einen Hut gekauft und vorne ist eine komische und tragische Maske drauf. Hinten steht `Provokative Therapie´. Der Mensch besitzt eine tragische und eine komische Maske. Es gibt Leute die sagen, es gibt nur das Komische oder das Tragische. Vergessen Sie das – es stimmt nicht. Manche Leute sagen, die größte Realität ist die Kreuzigung von Jesus. Wir reden aber erst seit 400 Jahren darüber. Und aus Scham, weil es brutal war, jemanden überhaupt so zu töten. Viktor Frankl hat einmal gesagt, für die Christen gibt es keine Tragödien, da Jesus den Tod überwunden hat.
Wer oder was hat Sie in den letzten 30 Jahre so beeindruckt, dass es Ihre Arbeit beeinflusst hat?
F.F.: Da fällt mir spontan ein Datum ein: der 9. Juli 1963. Da wusste ich, ich hatte einen Schatz gefunden. Ich weiß jetzt, wie sich Columbus gefühlt haben muss, obwohl er es ja gar nicht entdeckt hat. Ein unglaubliches Gefühl. Ich dachte: `Endlich habe ich etwas gefunden, für alle, die sich hoffnungslos wähnen.´ Ich bin beeinflusst von meine eigenen Lebenserfahrungen und von denen meiner Patienten und Klienten. Ihre Reaktionen und Beobachtungen waren meine eigentlichen Inspirationsquellen.
Wie definieren Sie Glück?
F.F.: Ich tue das auf vielfältige Art und Weise: Liebe, Freundschaft und Partnerschaften – sexuelle Ekstase. Ich denke, Liebe ist höchste Verbindung, die Menschen mit ihrer Umwelt erreichen können.
Welches ist Ihr Lieblingszitat?
F.F.: Oh, da gäbe es viele. Zum Beispiel: ‚Das Auge hat noch nicht gesehen, das Ohr nicht gehört, die Seele des Menschen hat noch nicht erkannt, was der Herr für die erschaffen hat, die ihn lieben.
` Der heilige Paulus hat gesagt:`Du hast uns für dich selbst gemacht und unsere Herzen sind ruhelos, bis sie nicht in dir ruhen.´
Ich hoffe, wir führen in zehn Jahren ein weiteres Interview.
F.F.: Oh Gott, dann bin ich 85 – wir werden sehen
Nachtrag: Leider kam es nicht mehr dazu. Wir werden dich nie vergessen.