Was macht denn nun ein Space Coach?
Alexander Maria Faßbender: Die Space Coach Academy arbeitet mit Personen, die Extremsituationen ausgesetzt sind. Mittels eines speziell entwickelten mentalpsychocoachologischen© Programms bereiten wir Space Touristen so vor, dass sie wissen, was auf sie zu kommt, wenn sie sich auf den Weg ins Weltall oder den suborbitalen Raum machen.
Gibt es schon Space Touristen, wie funktioniert Space Tourismus?
Alexander Maria Faßbender: Wir haben mit 155 Personen, die sich für Flüge interessieren, bereits gearbeitet und insgesamt 40 Space Coaches ausgebildet. Ich rechne damit, dass Ende 2018/Anfang 2019 die ersten Flüge starten und man ab Ende 2019 regelmäßig fliegen kann. Bisher wurden bereits 5.800 Tickets bei diversen Anbietern verkauft. Überschlagsmaessig kann man sagen, dass ein Flug zwischen 150.000 € und 300.000 € kostet, hinzukommen die Kosten der Trainings zur Vorbereitung wie beispielsweise auch dem Unseren. Insgesamt dauert der Flug 60 – 90 Minuten, davon befindet man sich circa zehn Minuten im suborbitalen Raum. Es ist ein außergewöhnliches Abenteuer und eine Grenzerfahrung, daher bedarf es mentaler Festigkeit, um es auch geniessen zu können.
In der Zusammenarbeit mit Astronauten und Space Touristen hat sich herausgestellt, dass dieses Programm auch durchaus auf der Erde anwendbar ist – nämlich im Unternehmensbereich.
Alexander Maria Faßbender: Astronauten sind Extremsituationen ausgesetzt, um diese zu bewältigen müssen sie gewisse Eigenschaften nicht nur mitbringen sondern auch vertiefen. Abgesehen von der körperlichen Fitness – ein gesunder Geist in einem gesunden Körper ist hier noch viel wichtiger als bei jedem anderen Menschen – sind Eigenschaften wie Pioniergeist, Neugier, Entscheidungsfähigkeit und Verantwortungsbewusstsein ebenso wichtig wie Stressfreiheit, Disziplin, Mut, Genauigkeit und Respekt. Astronauten brauchen nicht nur Fachwissen, sie müssen multitaskingfähig sein und sich vieles von Bereichen aneignen, von denen sie keine Ahnung haben. Sie müssen lernfähig sein, aber vor allem auch schnell lernen.
An Manager werden dieselben Anforderungen gestellt. Angefangen bei Körper und Geist – wenn ein Manager 1,70 Meter groß ist und 120 Kilo wiegt, dann schleppt er etwas mit sich. Warum er dick ist, spielt überhaupt keine Rolle. Fakt ist, er ist allein wegen der Gewichtsklasse weniger mobil und weniger geistig fit. Das heißt, er kann die Leistung, die er erbringen muss, nur mit einem energetischen Mehraufwand erbringen, als jemand der beispielsweise eine Idealfigur hat.
Das würde bedeuten, dass alle übergewichtigen Manager eine Abmagerungskur machen müssen?
Alexander Maria Faßbender: Für uns bedeutet das, daß wir ganz andere Trainings machen oder Coachings führen, damit der Mann überhaupt in der Lage ist, die Balance zu finden um Höchstleistungen bringen zu können. Eine weitere Analogie zu Manageranforderungen ergibt sich im Bereich Entscheidungen zu treffen. Astronauten sind vielseitig und lernen von Anfang an Bauch- und Kopfentscheidungen zu verbinden. Einen Manager muss man in der Regel trainieren, dass er endlich mal zu seinen Emotionen steht und diese auch in seiner Entscheidung einbezieht. Nur rationale Entscheidungen zu treffen ist immer der verkehrteste Weg, denn letztendlich sind wir alle irgendwann emotional betroffen. Auf der Erde und vor allem in Führungspositionen wird gerne zwischen beruflich und privat unterschieden. Aber das kann man nicht unterscheiden. Führungskräfte müssen lernen, daß beruflich und privat immer eine Person ist, nämlich sie selber. Wenn diese Akzeptanz eingetreten ist, dann können wir auch mit dem Programm helfen und Raum schaffen.
Wenn man sich in einer Extremsituation, wie dem Weltall, befindet, kann jede Art von Handlung lebensentscheidend sein. Wie sieht die Vorbereitung darauf aus?
Alexander Maria Faßbender: Astronauten bereiten sich sehr intensiv auf diese Ausnahmesituation vor, da sie sich kaum Fehler leisten können. Sie sind darauf fixiert ihren Job da draußen besser als möglich zu machen. Das ist genau das, worum es letztendlich geht. Astronauten können bessere Entscheidungen treffen, weil sie wissen, sie müssen diese Entscheidung treffen. Manager neigen oft dazu, Entscheidungen hinauszuzögern, die ‘ich schlaf mal eine Nacht drüber’ Mentalität bringt Unternehmen oft zum Erlahmen. Astronauten haben diese Zeit nicht. Sie müssen eine Entscheidung sofort treffen. Diese Entscheidung hat Konsequenzen. Also müssen sie verantwortungsvoller entscheiden. Zusätzlich gibt es eine ganz andere Fehlerkultur – das ist kein Luxus – die muss es geben. Im All ist man froh, wenn jemand einen Fehler gefunden hat, denn der kann keinen Schaden mehr anrichten – sprich Leben gefährden. Daher gibt es oft Belohnungen für das Finden von Fehlern, das geht tatsächlich soweit, dass der Finder mit einem Vodka Shot belohnt wird (der Platz ist knapp da oben, Alkohol zählt zu Genüssen, die es nicht oft gibt).
Belohnungen statt Vertuschung wenn Fehler gefunden werden, das täte uns auf der Erde auch gut.
Alexander Maria Faßbender: Ganz bestimmt sogar. Es muss nur der Blickwinkel im Kopf geändert werden. Wenn man die Buchstaben aus ‘Fehler’ durchmischt kommt ‘Helfer’ heraus und das ist es tatsächlich. Nämlich die Hilfe etwas besser zu machen oder Schlimmeres zu vermeiden. Im Raumschiff einen Fehler zu finden bedeutet, möglicherweise das Leben aller gerettet zu haben. Daher wird ständig nach Fehlern gesucht und der Fund belohnt und gefeiert. Aber das Entscheidende ist ja: Lernen wir aus diesem Fehler? und das Zweite ist: „Wie geht man mit dem Fehler um? Haben wir den Fehler nur bemerkt, oder haben wir auch die Lösung?“ Und das ist der springende Punkt, der die Fehlerkultur im Weltall prägt. Das Fehler finden ist sofort mit dem Lösungsansatz verknüpft, anders geht es in dieser Extremsituation gar nicht.
Wenn wir diesen Gedanken des ganzheitlichen Zusammenhangs auf die Erde umlegen und danach handeln, hätten wir ganz andere Unternehmenskulturen.